Vom Schweinchen bis zum Schinkenbrot

(Schinken und Wurst aus eigener Produktion)

Ein Ferkel kommt auf die Welt und wird anfangs von der Schweinemama gesäugt, bis es alt genug ist, um selbstständig feste Nahrung aufzunehmen – vorausgesetzt es endet nicht zuvor als Spanferkel, denn mit der Bezeichnung „Spanferkel“ ist nicht die Zubereitung des Ferkels gemeint sondern dessen Alter – der Begriff „Span“ ist abgeleitet vom Wort „Spen“, was so viel bedeutet wie „Brust“, „Zitze“ somit ist das Spanferkel ein „Milchferkel“ also ein Ferkel, das noch gestillt wird!

Sollte das Ferkelchen also nicht bereits in jungen Jahren auf dem Grill landen, beginnt es selbstständig feste Nahrung aufzunehmen, bis es ca. ein halbes Jahr alt ist und seine Schlachtreife, also ein Gewicht von ca. 100 kg, erreicht hat.

Doch Fressen ist nicht gleich Fressen – hier findet der Satz „Du bist, was du isst“ Anwendung und zwar in Bezug auf die Ernährung des Schweines – wird das Schwein wie früher mit Getreide, Erbsen und Milch ernährt bekommt es einen schönen kernigen, also festen Speck. Wird es allerdings mit den weitaus billigeren Futtermitteln ernährt, so wird der Speck eher zum Schwabbel – denn aufgenommene Fette werden vom Schwein, wie auch vom Menschen, 1:1 in so genanntes Depotfett umgewandelt. Allerdings reicht es beim Schwein vollkommen aus, wenn man die Futtermittel ca. 1,5-2 Monate vor der Schlachtung wieder auf „gutes Futter“ umstellt, denn das Schwein baut sein eingelagertes Fett/Depotfett innerhalb von 4-6 Wochen von wabbelig in kernig um.

Nun haben wir ein wohl genährtes Schwein mit guten 100 kg Lebend-/Schlachtgewicht und haben vor dieses zu Schlachten. Hierbei lauern die nächsten Punkte, auf die man achten muss!

Die „stressfreie“ Schlachtung – ein Begriff der seit einiger Zeit in den Medien und bei den Konsumenten in aller Munde ist. Stressfreie Schlachtung bedeutet, dass das Schlachttier nicht in viel zu engen Tiertransportern vom Züchter zum Verarbeitungsbetrieb kutschiert wird, wie es bei Supermarktfleisch immer noch die Regel ist, sondern dass es mehr oder weniger vor Ort getötet wird, ohne dass es zuvor dem Transportstress und der damit verbundenen Hektik und den körperlichen Blessuren ausgesetzt wird!

Warum dies wichtig ist und großen Einfluss auf die Qualität des gewonnenen Fleischs hat?

Ganz einfach: Wenn sich das Tier beim Transport Blutergüsse (also Bluteinlagerungen in Haut und Muskelgewebe) zuzieht kann dies dazu führen, dass das Fleisch bei der langen Verarbeitungszeit zum Schinken verdirbt. Ebenso kommt es bei gestressten Tieren, genau wie beim Mensch, zur Ausschüttung von Stresshormonen, welche dem Fleisch einen unerwünschten säuerlichen Geschmack geben (in Asien werden Tiere bewusst unter Stress geschlachtet, da in dortigen Kulturkreisen eben dieser säuerliche Geschmack erwünscht ist). Unter stressfreier Schlachtung kann man auch das Schlachten nach deutschem Tierschutzgesetz sehen, welches vorgibt, dass ein Tier vor der Tötung zuerst betäubt werden muss – in der Industrie geschieht die in der Regel via Elektroschock oder Bolzenschuss – beides, gerade aber der Elektroschock sind zwar tierschutzkonform, aber nicht unbedingt stressfrei – der Begriff „Schock“ impliziert ja bereits einen gewissen Stress für das Tier, ob der „Bolzenschuss“ unbedingt stressfreier ist bleibt ebenfalls zu bezweifeln!

Nach der mechanischen oder elektrischen Betäubung des Schweines wird dieses durch Schlagaderschnitt ausbluten gelassen – Kritiker gehen davon aus, dass das Tier zwar körperlich betäubt ist, also reaktionsunfähig ist, allerdings immer noch alles mitbekommt, was um es herum passiert – diese Problematik könnte man durch einen gezielten und tödlichen Kopfschuss lösen, aber es ist eben nicht „Tierschutzkonform“ und somit in Deutschland verboten.

Wenn das gut ernährte und stressfrei geschlachtete Schwein nun tot und zerlegt ist, muss das Fleisch ca. 3 Tage reifen, man spricht hierbei vom „Abhängen“ des Fleischs, wobei sich ein zur Weiterverarbeitung notwendiger PH-Wert im Fleisch einstellt.

Nach dieser Reifezeit wird das Fleisch gepökelt bzw. gesalzen.

Das Salz bewirkt, dass das Fleisch durch den osmotischen Prozess Feuchtigkeit (Fleischsaft, Gewebewasser) abgibt und Salz und Pökelstoffe aufnimmt. Der wichtigste Pökelstoff ist hierbei das im Salz enthaltene Nitrat, welches im Fleisch durch chemische Prozesse zu Nitrit umgewandelt wird. Dieses Nitrit verbindet sich mit dem im Muskelgewebe enthaltenen „Hemoglobin“, konserviert es und sorgt dafür dass der Schinken schön Rot bleibt und nicht grau wird – es verstärkt also die rote Farbe des Fleisches und bewahrt sie. Zum Pökeln werden in der Regel Salze verwendet, welchen bereits Nitrit zugefügt wurde (Nitritpökelsalz bzw. NPS) dies verkürzt die Pökeldauer, da die sonst erst stattfindende Umwandlung von Nitrat zu Nitrit entfällt.

Beim Pökeln unterscheidet man zwischen folgenden Verfahren:

Nasspökeln:
Das Fleisch wir in einer Lake aus Pökelsalz und Wasser eingelegt.

Trockenpökeln:
Das Fleisch wird mit dem Salz eingerieben und so gelagert, dass die austretenden Flüssigkeiten abfließen können.

Kombiniertes Nass-Trockenpökeln:
Hierbei wird das Fleisch mit Salz eingerieben und in Behältern dicht an- und aufeinander geschichtet, so dass die austretende Flüssigkeit das Fleisch umgibt und irgendwann sogar übersteigt.

Spritz- bzw. Schnellpökeln:
Hierbei wird die angesetzte Pökellake direkt in das zu pökelnde Fleisch gespritzt, was den Pökelvorgang immens verkürzt.

Egal mit welchem Verfahren gepökelt wird, es ist immer und peinlich genau auf die „Hygiene am Arbeitsplatz“ zu achten, da das Fleisch bis zum abgeschlossenen Pökelvorgang sehr anfällig für Keime ist und schnell verderben kann – daher muss das zu pökelnde Fleisch während des Pökelns auch immer noch so behandelt werden, als sei es rohes Fleisch.

Das eigentliche Pökeln beginnt mit dem Salzen des Fleischs und endet mit dem Wässern des Fertigen Pökelgutes. Man geht davon aus, dass für ein zusammenhängendes Stück Fleisch eine Pökeldauer von je einer Woche/kg zu kalkulieren ist, so hingegen 2 Fleischstücke a 500 g nur eine Halbe Woche benötigen, benötigt ein einzelnes Stück Fleisch mit 2 kg Ausgangsgewicht wiederum 2 Wochen usw.

Nach dem Pökeln beginnt die Durchbrennphase, welche oft als zweite Pökelphase beschrieben wird. Hierbei stoppt man durch eine oft mehrstündige Wässerung bzw. ein Abwaschen des Fleisches die Salzzufuhr. Nach dem Wässern bzw. Abwaschen sollte man dem Fleisch, vor der Weiterverarbeitung, die Zeit zum Durchröten geben. Hierbei stellt sich eine gleichmäßige Salzverteilung im gesamten Fleischstück ein und die gewünschten „Pökelaromen“ bilden sich – für das Durchbrennen und Umröten benötigt das Fleisch (mit Ausnahme des Schnellpökelverfahrens) ca. 2/3 der Pökelzeit.
Hat man also 9 Tage lang gepökelt, sollten für die „zweite Pökelphase“ nach dem Wässern bzw. Abwaschen, weitere 6 Tage eingeplant werden, ehe das fertig gepökelte, durchgebrannte und umgerötete Fleisch geräuchert wird.

Beim Räuchern gibt es ebenfalls gewaltige Unterschiede.

So muss man zuvor wissen wie geräuchert werden soll bzw. was es für ein Schinken, also Roh- oder Kochschinken,  werden soll – beim Räuchern unterscheidet man grob zwischen drei Verfahren:

Kalträuchern: bis max. 24-25°C (Schinken bleibt roh)

Warmräuchern: von 25 bis 50°C (Schinken bleibt roh, aber die Proteine im Fleisch verändern sich, Haltbarkeit geringer)

Heißräuchern: ab 50°C (Schinken wird im heißen Rauch über mehrere Stunden gegart und ist nur zur kurzfristigen und gut gekühlten Lagerung vorgesehen)  findet hauptsächlich bei Fisch und Geflügel Anwendung

Bei allen Räucherverfahren werden in der Regel harzarme Harthölzer verwendet – eine Ausnahme bildet hierbei der „Schwarzwälder Schinken“, welcher traditionell auf Tannenholz geräuchert wird. Bei den meisten in Deutschland traditionell und industriell hergestellten Roh-Schinken wird Buchenholz bzw. auch seltener Eiche und Erle verwendet. Andere Holzarten finden nur ganz selten und in kleinen Schinken-Manufakturen oder im Privatbereich Verwendung – und das obwohl man an sich jedes ungiftige Holz oder Kraut zum Räuchern verwenden kann (ich kenne Menschen die auf Heu und Stroh Räuchern). Hierbei muss man sich allerdings zuvor sehr genau mit den verwendeten Hölzern befassen und wissen, welchen geschmacklichen Einfluss sie auf die Räucherware haben werden.

Hier ein paar Beispiele für den Einfluss der Hölzer auf das geräucherte Produkt.

Erle

kräftiges raffiniertes Raucharoma, schöne intensiv rote Farbe

Fichte/Tanne

verwendet für Schinken Schwarzwälder Art, sollte nur als Beimischung verwendet werden, da gesundheitlich bedenklich, schwarze Farbe, sehr intensives leicht scharfes Raucharoma

Apfelholz

feines Raucharoma sehr wohlschmeckend, rotbraune Farbe, nach amerikanischem Stil

Zwetschgen- bzw. Pflaumenholz

feinwürziges Raucharoma, rotbraune Farbe

Eiche

kräftiges Raucharoma, gold-rötliche Farbe, kann aber säuerlich schmecken, wenn das Holz nicht genug abgelagert ist oder der Rauch zu stark dosiert war

Mahagoni

deutlich rötliche Färbung und mild/würziges, sehr eigensinniges Aroma

Kirsche/Pfirsich/Birne

goldene Farbe und süßliches Aroma

Walnuss

dunkelbraune Färbung und sehr kräftiges Aroma, neigt aber leicht dazu bitter zu schmecken

Hickory/Mesquite

sehr stark rauchiges Aroma und dunkle Färbung, typisch US-BBQ

Buche

klassisches deutsches Räucherholz mit typischer Färbung und Aroma

Pappel schwerer balsamartiger Geschmack, tiefbraune Färbung

(Nur eine kleine Auswahl der von uns verwendeten Räucher-Hölzer - Wildpflaume, Wildkirsche, Walnuss und 150 Jahre alte Eiche)

 

Neben den verwendeten Hölzern spielen auch die mitverbrannten Gewürze bzw. Kräuter (Rosmarin, Wacholder, Thymian, Zwiebeln, Knoblauch, Paprika, Chili, Pfeffer, Piment u.v.m.) eine wesentliche Rolle in der Aromen-Ausbildung des fertigen Schinkens.

Ebenso einflussreich, wie die bisher aufgezählten Punkte, sind Faktoren wie Luftfeuchtigkeit, Rauchführung und natürlich die Räucherdauer und die dazwischen liegenden Ruhephasen für die Aromen des fertigen Produkte – dies allerdings jetzt bis ins Detail zu erklären würde hier den Rahmen sprengen.

Kommen wir zum Reifen des fertigen geräucherten Schinkens.

Um ein ausgewogenes und gleichmäßiges Aroma im Schinken sicher zu stellen, sollte dieser an einem kühlen, dunklen und nicht zugigen aber dennoch luftigen Ort noch ca. zwei Wochen (besser noch länger) nachreifen, ehe er angeschnitten und verkostet wird.

Ihr seht also, das Wichtigste bei der Herstellung eines guten Räucher-Roh-Schinkens sind wie so oft die verwendeten Zutaten und Ausgangsstoffe sowie Geduld und Zeit, von der Geburt des Schweins bis zu dem Moment in dem es als Schinken auf eurem Brot landet.

Was ich allerdings bewusst jetzt hier an dieser Stelle nicht beschrieben und erklärt habe, ist die Herstellung von „Luftgetrocknetem Rohschinken“ – also Serrano- oder Parma-Schinken – denn auch dies ist ein ganz eigenes Kapitel der Schinkenherstellung und darauf noch einzugehen würde ebenfalls den Rahmen sprengen – aber ggf. schreibe ich euch hierzu noch eine separate Abhandlung!

Doch eines kann ich euch jetzt schon versprechen, die Herstellung von luftgetrockneten Rohschinken bedarf es mindestens noch einmal genauso viel Zeit, Sorgfalt und Wissen, wie die Herstellung von Räucherware.

Also denkt bitte beim nächsten Einkauf mal genau darüber nach, warum es günstigen und teuren Schinken im Handel gibt und informiert euch zuvor über das Produkt, welches ihr erwerben wollt, denn wie fast überall, kauft ihr oft auch hier den Namen des Produktes bzw. dessen „markenrechtlich geschützte geographische Bezeichnung“ mit, welche leider meistens nicht viel über die Qualität des Produkts aussagt, sondern nur über seine Herkunft, welche lediglich eine gewisse Güte und Qualität des besagten Produktes, beim Kunden impliziert!

So ist z.B. ein Schwein das in Sachsen-Anhalt in der Massentierhaltung mit Silofutter herangewachsen, dort geschlachtet und gepökelt wurde, ein „Schwarzwälder Schinken“, wenn es im Schwarzwald nur geräuchert wird – reifen und abgepackt werden darf dann dieser so genannte „Schwarzwälder Schinken“ an jedem Ort der Welt – ohne seine „geschützte geographisch Herkunftsbezeichnung“ hierdurch zu verlieren!

Also nix mit Heidi, Peter und dunklen Tannen am Wegesrand….

Wenn ihr also guten Schinken haben wollt, dann sucht euch einen Kleinbetrieb oder eine Schinkenmanufaktur, denn dort bekommt ihr immer noch die beste Ware – und so wahnsinnig teuer sind diese, angesichts der immensen Arbeit, die in einem Schinken steckt, auch nicht!

Etwas anderes ist es beim luftgetrockneten Spanier dem „Jamon Iberiko“ bzw. „Serrano“, da diese Bezeichnung sowohl die Herkunft (Iberische Inseln) als auch die verwendete Schweinerasse „Iberico-Schwein“ vorgibt. Ebenso wird das Produkt von der Aufzucht des Schweins bis zum fertigen Schinken sehr streng kontrolliert, umso eine besonders hochwertige Qualität des Endprodukts zu erzielen.

 

Aber … wenn man es genau nimmt, dem Serrano fehlt, trotz aller Bemühungen bei seiner Herstellung, ein alles entscheidender Punkt in der Veredlung – richtig – der Kram ist halt einfach nicht geräuchert! ;o)